(Maxilla,
Mandibula), diejenigen
vor der Mundöffnung der meisten
Tiere gelegenen, mittels
besonderer
Muskeln
[* 2] beweglichen hartem Teile, welche die Zerkleinerung der
Speisen, das
Kauen, besorgen. Bei manchen
Krebsen läßt
sich aus der
Entwickelungsgeschichte
[* 3] der Nachweis führen, daß dieselben
Gliedmaßen, welche beim jungen
Tier die
Schwimmfüße
darstellen, dem erwachsenen als Kiefer dienen und zu diesem Behuf Gestalt und
Bau wesentlich verändern. Man
bezeichnet daher auch diejenigen Extremitäten, welche zwischen echten
Beinen und echten
Kiefern die Mitte halten, als
Kieferfüße
(s. d.). Von
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mehr
besonderer Form sind die Kiefer bei manchen Seeigeln, indem sie, fünf an der Zahl, mit den sie verbindenden harten Teilen des
Mundskeletts eine fünfseitige Pyramide (Laterne des Aristoteles, s. Tafel »Echinodermen«) bilden. Ebenfalls sehr charakteristisch
und zwar von Gestalt eines Vogelschnabels sind die Kiefer bei den Tintenschnecken.
[* 5] Bei den Krebsen, Insekten
[* 6] etc. bewegen sich die in ihrer ursprünglichen Form seitlich gegeneinander, verwandeln sich
jedoch häufig in röhrenartige Saugapparate (z. B. bei Schmetterlingen in den Rüssel) oder auch in Stechborsten.
Bei den Wirbeltieren bewegt sich der Unterkiefer in senkrechter Richtung gegen den gewöhnlich unbeweglichen Oberkiefer; beide
Kiefer tragen meist Zähne
[* 7] und sind nur selten (z. B. bei den Vögeln) zahnlos und mit Horn bekleidet. Der Unterkiefer
besteht aus zwei seitlichen, gewöhnlich aber in der Mittellinie des Gesichts miteinander verschmolzenen Stücken; der Oberkiefer
ist ebenfalls doppelt, jedoch stoßen sein rechter und linker Teil nicht direkt aneinander, sondern sind durch den sogen.
Zwischenkiefer getrennt. Letzterer trägt bei den Säugetieren die Schneidezähne und ist meist deutlich
als besonderer Knochen
[* 8] erkennbar, bei den Affen
[* 9] und noch mehr beim Menschen aber so innig mit den Oberkiefern verwachsen, daß
man lange Zeit an seiner Selbständigkeit zweifelte. Wegen der Kiefer des Menschen vgl. Schädel.
Gattung aus der Familie der Abietineen, Bäume, selten Sträucher, mit Nadeln,
[* 10] die nur an sehr jugendlichen Exemplarenoder an jungen
Trieben einzeln, außerdem zu 2-5 an kurzen, nicht zur Entwickelung gekommenen Zweigen stehen, am Grund umgeben von einer aus
kleinen Niederblättern bestehenden Scheide. Die männlichen Blütenkätzchen stehen gehäuft an der Spitze der
vorjährigen Zweige, die weiblichen einzeln oder zu mehreren an der Spitze der diesjährigen Knospen;
[* 11] die Zapfen
[* 12] bestehen aus
ziegeldachförmigen, offenen, holzigen oder lederartigen, außen gegen die Spitze mit einem mehr oder weniger gewölbten Schild
[* 13] und auf letzterm mit einem Nabel versehenen, zweisamigen, bleibenden Fruchtblättern. Die erst im zweiten
Jahre reifenden Samen
[* 14] besitzen meist einen abfallenden Flügel.
Zur ersten Gruppe (PineaEndl.), mit ungeflügelten Früchten, lange geschlossen bleibenden, am Ende des zweiten, selten im Anfang
des dritten Jahrs abfallenden Zapfen, gehört die Pinie(P.PineaL.), ein 15-30 m hoher Baum mit meist schirmförmig ausgebreiteter
Krone, im Alter rissiger, äußerlich graubrauner, innen lebhaft rotbrauner Rinde, meist gepaart stehenden,
13-20 cm langen, kurz stachelspitzigen, hellgrünen Nadeln, großen, eirundlichen, hell zimtbraunen Zapfen, ziemlich breiten
und dicken Fruchttellern, schwach pyramidenförmigem Schild, stumpfem Nabel und ziemlich harter Fruchtschale.
Die Pinie stammt wahrscheinlich aus Vorderasien oder Nordafrika, kam aber früh nach Griechenland
[* 15] und Italien
[* 16] und bildet im letztern Land noch heute den malerischen Schmuck der Villen und Gärten. Sie findet sich im Küstengebiet fast
aller Mittelmeerländer, auf Madeira
[* 17] und den Kanarischen Inseln, zum Teil nur angepflanzt, am häufigsten im Westen. Hin und
wieder bildet sie auch zusammenhängende Bestände, und berühmt ist die Pineta von Ravenna. Die Piniennüsse
(Piniolen, Pineolen, Pignolen), welche im vierten Jahr aus den Zapfen herausfallen, sind etwa 2 cm lang, schmal und etwas gekrümmt,
an beiden Enden zugerundet, matt rotbraun und enthalten einen weißen, öligen
Kern, der mandelartig und eigentümlich fein
harzig schmeckt. Italien, Sizilien,
[* 18] die Levante, Marseille,
[* 19] Barcelona
[* 20] liefern Piniennüsse für den Handel;
sie dienen als Dessert, werden aber sehr leicht ranzig.
Der Stamm ist je nach dem Boden und dem Schluß gerade und bis hoch hinauf ohne Äste oder niedrig, gekrümmt, geknickt und teilt
sich dann schon in geringer Höhe in starke, abstehende Äste. Der untere Teil des Stammes ist mit dicker, längsrissiger Borke
bedeckt; nach oben hin geht die Farbe der Rinde durch Rotbraun in leuchtendes Braungelb über, welches den
sich sehr leicht und unaufhörlich ablösenden papierdünnen Rindenhäuten angehört. In gutem Schluß wirft die Kiefer sehr hoch
hinauf die abgestorbenen Äste ab und bildet nur eine unbedeutende, lockere Krone; in freiem Stande dagegen bekommt sie eine
weit ausgreifende, fast kuppelförmig gewölbte und abgestufte und namentlich unter Laubholz eine schirmförmige
Krone, die täuschend derjenigen der Pinie gleicht.
Junge Kiefern erscheinen spitz eiförmig und erhalten im Mai ein eigentümliches Ansehen, wenn sich die neuen senkrecht
stehenden Triebe mit den silberglänzenden Scheiden eben bis zum Erscheinen der Nadeln entwickelt haben. Die
Nadeln sind matt blaugrün und je nach der Fruchtbarkeit des Standortes 2,5 bis fast 8 cm lang. Die Blüten sind bisweilen sehr
ungleich verteilt, und es gibt Bäume, welche sehr reich an männlichen Blüten sind und dagegen nur wenige weibliche entwickeln.
Die erstern enthalten ungemein viel schwefelgelben Blütenstaub, der, in Regenpfützen zusammengeschwemmt,
Veranlassung zur Fabel vom Schwefelregen gegeben hat. Die weiblichen Blüten bilden etwa erbsengroße, schmutzig kirschrote
Zäpfchen. Die Zapfen sind kegelförmig; stets etwas ungleichseitig; sie reifen im Oktober des zweiten Jahrs, aber erst im März
oder April des dritten Jahrs fallen die geflügelten Samen aus. Die Wurzeln dringen ziemlich tief in den
Boden ein; der entschieden ausgebildeten Pfahlwurzel gesellen sich später kräftige Seitenwurzeln bei.
Die Keimpflanze zeigt 5-6 Keimnadeln, und am ersten, bisweilen auch noch am zweiten und dritten Jahrestrieb stehen die Nadeln
einzeln. Die Kiefer wächst in der ersten Hälfte ihres Lebens viel schneller als in der zweiten; vom 50.-80.
Lebensjahr wächst sie langsamer, aber gleichmäßig fort und erreicht ein Alter von ca. 300 Jahren. Die Kiefer besitzt unter den
europäischen Abietineen den größten Verbreitungsbezirk; sie findet sich vom westlichen Spanien
[* 27] bis an den Amur, von Lappland
bis Oberitalien
[* 28] und vom nördlichen Rußland und Westsibirien bis Kleinasien und Persien,
[* 29] nördlich geht
sie bis zur Grenze des Baumwuchses. Sie geht in den mitteldeutschen Gebirgen bis 786, in den bayrischen Alpen
[* 30] bis 1600, im Engadin
bis 1950, in der Sierra Nevada bis 2100 m. Sie besitzt eine ungemein hohe forstwirtschaftliche Bedeutung: sie
bedeckt allein im
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mehr
nördlichen Deutschland
[* 32] nach mäßigem Überschlag über 2½ Mill. Hektar Waldfläche, bildet in Süddeutschland einen namhaften
Bruchteil der Gesamtbewaldung, herrscht fast absolut im KönigreichPolen, im westlichen Rußland, im südlichen Skandinavien
und bildet Massenwälder im nördlichen Frankreich, in Belgien,
[* 33] in vielen Teilen von Österreich.
[* 34] Seit 100 Jahren hat sie im
mittlern Europa
[* 35] viele früher mit Laubholz bestandene Flächen eingenommen. Unvernünftige Streunutzung,
starke Lichtung der Bestände, übertriebene Weide,
[* 36] regellose Wirtschaft überhaupt haben an vielen Orten zu einer Bodenerschöpfung
geführt, welche die Nachzucht der anspruchsvollen Laubhölzer unmöglich machte und zum Anbau der genügsamen Kiefer zwang.
Dabei empfiehlt sich diese überaus wertvolle Holzart durch raschen Wuchs, hohe Nutzholzausbeute und
bedeutenden technischen Gebrauchswert; sie wächst noch auf Blößen, die durch langes Bloßliegen tiefster Bodenverwilderung
verfallen sind, und auf Sandböden, die jeder andern Baumkultur spotten. Dabei gestattet die Kiefer die einfachsten
Formen des Schlagbetriebs, bei welchen Fläche an Fläche kahl abgetrieben und durch Saat oder Pflanzung wieder
angebaut wird. (Vgl. Weise, Ertragstafeln für die Kiefer, Berl. 1880.) Keine andre Holzart unterliegt aber den Angriffen so zahlreicher
Feinde wie die Kiefer, und diese natürlichen Gegner ihrer Massenverbreitung haben sich in erschreckender Progression vermehrt;
die ausgedehnten reinen Kiefernbestände, welche seit 100 Jahren auf Kahlflächen angebaut worden sind, bieten
den Feinden der Kiefer (Kiefernspinner, Nonne, Kieferneule, Kiefernspanner, großer und kleiner Kiefernrüsselkäfer, große und kleine
Kiefernblattwespe, Kiefernmarkkäfer, auch Maikäfer und Maulwurfsgrille, s. Tafel »Waldverderber
[* 37] I. u. II«) alle Existenzbedingungen
und prädisponieren die einzelnen Baumindividuen von vornherein für ihre zerstörenden Angriffe. Im Naturwald kommt die Kiefer nur
auf ganz armem Boden rein vor; überall auf den bessern und mittlern Bodenarten sind die Bestände mit
Eichen, Buchen, Birken durchsprengt. In freier Kronenentfaltung streben die herrschenden Stämme empor, und es bildet sich eine
reiche Bestrahlungsfläche; Blatt- und Wurzelvermögen entwickeln sich aufs höchste, und widerstandsfähige Gesundheit der
Baumentwickelung ist die Folge davon.
Dagegen gedeiht in dem auf Kahlflächen angebauten Kunstwald nur die Kiefer, die Mischhölzer
schwinden. Mit eingepreßten Kronen
[* 38] strebt Stamm neben Stamm gleichberechtigt empor. Blatt- und Wurzelbildung werden auf ein
Minimum zurückgedrängt; die Bestände verfallen krankhafter Disposition. Diese Verhältnisse haben in der Neuzeit gerechte
Bedenken gegen die Kiefernkahlschlag-Wirtschaft erregt. Man beginnt zu den Schirm- und Samenschlägen zurückzukehren
und begründet statt reiner Kiefernbestände überall, wo dies möglich ist, gemischte Bestände.
Die gemeine Kiefer trägt auf armem Boden oft schon mit 12-15 JahrenSamen. Ihre normale Samenerzeugung beginnt erst mit dem 40jährigen
Alter. Aus 1 hl. Zapfen, welches etwa 55 kg wiegt, gewinnt man etwa 1 kg reinen Kornsamen. Zur Pflanzenerziehung
rigolt man den Boden und saet pro Ar 1½-2 kg reinen Kornsamen in Rillen. Die Pflanzen werden zumeist einjährig, höchstens
Zweijährig in die Bestände gepflanzt. Sie ertragen nur wenige Jahre eine mäßige Beschattung und müssen dann, sollen sie
nicht kümmern, frei gestellt werden.
Mit Ballen verpflanzt man die jungen Kiefern auch wohl noch vier- bis fünfjährig. Will man einen Kiefernbestand
durch Samenschlag verjüngen, so
genügen 30-35 Samenbäume pro Hektar dem Zweck vollkommen. Schon im zweiten und dritten Jahr
nach erfolgter Besamung werden die Mutterbäume abgetrieben. Das Holz der
[* 39] Kiefer ist weich, grob, etwas glänzend,
läßt sich leicht und schön spalten und ist sowohl im Trocknen als im Feuchten von großer Dauerhaftigkeit; es dient sehr
allgemein als Nutz- und Brennholz. Die Kiefer liefert auch Harz;
die jungen Triebe wurden früher als Blutreinigungsmittel benutzt,
in England und Kanada dienen sie bei der Bereitung des Sprossenbiers.
Die Knieholzkiefer (Krummholzkiefer, Sumpfkiefer, Legkiefer, Latsche, Pinus montana Mill., P. MughusScop., P. Pumilio Hanke,
s. Tafel), einStrauch mit liegendem, knieförmig aufsteigendem, aber auch aufrechtem Stamm, schwarzgrauer, in dicken Blättern
sich lösender Rinde, kurzen, gepaart stehenden Nadeln, aufrecht stehenden weiblichen Blütenzäpfchen
und eiförmigen Zapfen, gehört dem Gebirge des südlichen und mittlern Europa an, kommt aber auch in der Ebene vor und zeigt
so verschiedene Formen, daß sie von vielen Botanikern in mehrere Arten zerfällt worden ist, während sie von andern nur als
Form von P. silvestris betrachtet wird.
Jede rauhe Hochlage bis in die Pyrenäen hat ihre Knieholzform, und diese Formen sind oft auf kleine Gebiete beschränkt. Das
Knieholz ist bis jetzt selten Gegenstand forstlicher Benutzung und Kultur, bedeckt jedoch in den Alpen bei 1400-2000 m Höhe
noch weite Flächen und bildet dort einen energischen Schutz gegen Lawinen und Erdfälle. Man bereitet daraus
das Krummholzöl, welches in seiner Beschaffenheit dem Terpentinöl sehr nahe steht und als Volksheilmittel benutzt wird.
Das Holz ist sehr dicht und fein, mit sehr schmalen Jahresringen und lebhaft braunrotem Kern und dient zu Drechslerarbeiten
und Schnitzereien. Die corsische (P. maritima Mill., P. LaricioPoir., s. Tafel), ein sehr schöner, 30-35
m hoher Baum mit grauschwarzem Stamm, in Stücken sich lösender Rinde, sehr rauhen Ästen, pyramidenförmiger, im Alter gewölbter
Krone, langen, kräftigen, blaugrünen, stachelspitzigen Nadeln und länglich-eiförmigen, fast sitzenden Zapfen mit braunem,
glänzendem, rauten- und pyramidenförmigem Nabel, findet sich von Südspanien bis Kleinasien und vom Wienerwald
bis Sizilien, am meisten in Spanien, auf Corsica,
[* 40] in den Apenninen und in Bithynien.
Sie wird in Frankreich behufs der Harznutzung kultiviert. Eine interessante Abart ist die Schwarzkiefer (österreichische P.austriaca Höss., P. nigricansHost.), mit mehr oder weniger wagerecht in Quirlen abstehenden Hauptästen,
breiter Krone, sehr dunkeln, steifen, stechenden Nadeln in fast schwarzen Scheiden, großen, hellen, konischen Zapfen und schwarzer
Rinde. Diese Abart wächst in den Österreichischen Alpen, bildet hier sehr große Bestände und gewährt eine einträgliche
Harznutzung.
Bei Kulturversuchen in Nordfrankreich und Deutschland hat sie den gehegten Erwartungen nicht entsprochen, dagegen
ist sie für die Landschaftsgärtnerei sehr empfehlenswert. Die Meerstrandskiefer (Igelföhre, Kiefer von Bordeaux,
[* 41] P.PinasterSol., P. maritimaPoir., P. LaricioSav.), ein hoher Baum mit pyramidaler, sich wenig abwölbender Krone, grauschwarzem Stamm,
schon früh rauher und gefurchter, im Alter tiefrissiger, dunkelbrauner Rinde, paarweise stehenden, 13-18 cm langen, ziemlich
dicken, kurz stachelspitzigen, oft gedrehten, lebhaft grünen Nadeln,
¶
(Pinus silvestris). Verbreitung. Dieser in Deutschland als einheimisch und verbreitet bekannte Waldbaum wird
von dänischen Forschern als eingeführte Forstpflanze betrachtet, und es fragt sich daher, wo die Grenze
seiner natürlichen Verbreitung
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mehr
in Norddeutschland liegt. Auf Grund eingehender botanischer, linguistischer und historischer Studien hat neuerdings Krause diese
Frage zu einem gewissen Abschluß gebracht. Vorwiegend tritt die gegenwärtig in Irland, England, dem französischen Tiefland,
Belgien, Holland und Dänemark
[* 43] nicht einheimische Kiefer innerhalb Deutschlands
[* 44] längs einer im allgemeinen ostwestlichen Linie auf,
welche die Stromgebiete der Weichsel, Netze, Warthe, Spree, Havel, Elbe, Aller und Weser verbindet; eine Einwanderung
in dieser Richtung erscheint jedoch ausgeschlossen, da sie auch im Norden
[* 45] (Skandinavien, Schottland) und in höhern mittel- und
südeuropäischen Gebirgen vorkommt; vielmehr scheint ihr Vorherrschen längs jener Linie nur durch die sandige Bodenbeschaffenheit
der betreffenden Gebiete bedingt zu sein, welche dem Baume besonders zusagt.
Nicht einheimisch ist sie in Rügen, wo sie nachweislich nur angepflanzt vorkommt;
längs des Südrandes des nordwestdeutschen Tieflandes im W. der Elbe hat sie eine Südwestgrenze und tritt jenseit derselben
nur in Gebirgsgegenden, z. B. in den Vogesen, dem Schwarzwald etc., auf;
der Verlauf der Vegetationslinie
in Sachsen
[* 46] und Schlesien
[* 47] bleibt zweifelhaft. Es ergibt sich weiter, daß sie im N. der Elbe nicht über die LinieRostock-Schwaan-Güstrow-Wittenburg-Geesthacht
hinausgeht und sich hier ziemlich genau an die Verbreitung der Kartäusernelke, dieser Charakterpflanze des märkischen und
pommerschen Kieferngebiets, hält. In Holstein wurde sie urkundlich im J. 1580 durch den GrafenHeinrich vonRanzau eingeführt. In Nordwestdeutschland wuchsen an den Flußmündungen und deren Hinterland nach Plinius vorwiegend Eichen;
auch die noch im Mittelalter reichlich bewaldete Lüneburger Heide,
[* 48] die Umgebungen von Braunschweig,
[* 49] Detmold
[* 50] u. a. besaßen nach
urkundlichen Quellen nur Laubholz, dagegen ist die auf dem Oberharz für das Jahr 1496 als einheimisch
nachweisbar.
Von besonderer Bedeutung erscheint es ferner, daß die in Mooren von Nordwestdeutschland, Rügen, Schleswig-Holstein,
[* 51] Dänemark, England und Irland in subfossilem Zustand gefunden worden ist, und daß also die gegenwärtige Lücke ihres Verbreitungsgebiets
während älterer postglazialer Perioden nicht bestanden hat. Gleichzeitig weist ihr gegenwärtigs ^[richtig:
gegenwärtiges] Fehlen in den genannten Gebieten auf einen während der Postglazialzeit eingetretenen Wechsel des Klimas hin,
der sich auch aus andern Erscheinungen als wahrscheinlich ergibt (s. Moorbildung).
zur GattungPinusL. (im engern Sinne) gehörende Nadelhölzer.
[* 52] Man kennt gegen 70 Arten, die größtenteils in der
nördlichen gemäßigten Zone vorkommen, außerdem auch im tropischen Asien
[* 53] und in Centralamerika und Westindien.
[* 54] Die Nadeln stehen zu zwei oder mehrern in Büscheln zusammen, die am Grunde von einer häutigen aus mehrern Schuppen bestehenden
Scheide umgeben sind. Die Blüten sind einhäusig, die männlichen Kätzchen enthalten zahlreiche Antheren, die mit Längsrissen
aufspringen, die weiblichen stehen an der Spitze der Zweige und sind häufig nach unten gekrümmt, die
Zapfen hängen stets nach abwärts, die Schuppen sind gegen ihre Spitze mehr oder weniger verdickt, endigen bei den meisten
Arten in einen nach auswärts gekehrten Schild, der
durch einen queren, in der Mitte in eine mehr oder weniger scharf
ausgesprochene Erhabenheit (Nabel) erweiterten Kiel
[* 55] geteilt ist.
Den Samen umfaßt meist ein Flügel mit zangenartigem Ausschnitt. Die Samen reifen im zweiten Herbst nach der Blütezeit.
Die gemeine Kiefer (PinussilvestrisL.), einer unserer wichtigsten Waldbäume, in Süddeutschland meist Föhre oder Fohre, in
Württemberg Mädelbaum, in Norddeutschland, in Liv- oder EsthlandTanne, in der ProvinzPreußen und in KurlandFichte, in der SchweizDale, Thäle, sonst noch Forle, Forche, Kienbaum, Tangelbaum u. s. w. genannt, wird bei normalem Wachstum
bis 40 m hoch, in der Jugend mit pyramidaler, im Alter mit stark abgewölbter bis schirmförmiger Krone.
Die Rinde der jungen Zweige ist graugelb, die der ältern Äste und der obern Stammteile rotgelb und löst
sich in papierdünnen Fetzen los; die ältern Stammteile von unten bis nahe zum Kronenansatz besitzen eine außen graubraune,
innen rotbraune, stark rissige, allmählich immer dicker werdende Borke. Die Nadeln stehen paarweise auf etwas erhabenem Kissen,
spiralig um den Zweig, aber nicht dicht; sie sind 40–50 mm lang, an der konvexen Fläche dunkelgrün,
an der ebenen seegrün; sie dauern drei bis vier Jahre.
Die Blüten erscheinen in den mittlern LagenDeutschlands im Mai. Sie sind 6–7 mm lang, gelblich, eiförmig, kurz gestielt,
strauß- oder büschelförmig zusammengedrängt am Ende der vorjährigen Triebe; diese erscheinen nach Abfall
der Blüten nackt. Die etwas kleinern weiblichen Blüten sind rötlich, gestielt, sitzen einzeln, seltener quirlständig am
Ende der jungen Triebe. Der 4–7 cm lange Zapfen ist kegelförmig mit schiefer Grundfläche und sitzt an einem gebogenen Stiel.
Die meist flachen oder etwas pyramidal erhabenen Schuppenschilde sind nur schwach gekielt, gewöhnlich grau
mit plattem, gelblich braunem Nabel. Der länglich eiförmige Samen ist spitz, 3–4 mm lang, schwärzlich, mit einem bis
dreimal so langen Flügel. Die Abbildung auf Tafel: Nadelhölzer: Waldbäume VIII, (Anmerkung des Editors: TafelnWaldbäume VII
und VIII fehlen)
[* 56]
Fig. 2 zeigt die gemeine Kiefer als Baum, außerdem 1 Triebspitze mit einem weiblichen Zäpfchen, 2 Zweig
mit männlichen Blüten, 3 reifen Zapfen, 4 denselben geöffnet, 5 Nadelpaar, 6 Querschnitt desselben, 7 männliche Blüte,
[* 57] 8 Pollenkorn, 9 entleerten
Staubbeutel, 10 Samenschuppe, 11 dieselbe mit den beiden Samenknospen, 12 Samenschuppe (Zapfenschuppe) von der Außenseite, 13 dieselbe
von der Innenseite mit den zwei aufliegenden Samen, 14 entflügeltes Samenkorn, 15 Keimpflanze.
Die gemeine Kiefer besitzt von allen Nadelhölzern die weiteste Verbreitung, sie ist heimisch in ganz Europa und in einem großen
Teile des nördl. Asiens, vermag überdies auf dem verschiedenartigsten Boden zu wachsen. Am meisten sagt ihr ein tiefgründiger,
humoser Sand zu, sie gedeiht aber auch unter allen nutzbaren Holzarten noch am besten auf dem magersten
Flugsand und ist daher für den Anbau der Dünen an den norddeutschen Küsten wichtig. Jedoch auch auf Moorboden und auf trocknen
Felsklippen vermag sie zu wachsen. Die Kiefer verträgt außerordentlich große Wärme- und Kältegrade, ist aber
unter den Nadelhölzern neben der Lärche eine der lichtbedürftigsten Holzarten. In den nordischen Gebirgen
steigt sie etwas höher als die Fichte.
Der Wert des Kiefernholzes steigt sehr mit dem Alter des Baums, da sich nur alte Kiefer durch
¶
mehr
bedeutende Entwicklung des Kerns auszeichnen. In Kulturwäldern wird sie wohl selten älter als 100- 200jährig genutzt, während
sie auf ihr zusagendem Standort recht gut ein Alter von 300 bis 400 J. erreichen kann. Die gemeine Kiefer liefert das gesuchteste
Holz zu starken Schiffsmasten; am berühmtesten sind die nordischen, die von Riga
[* 59] aus in den Handel kommen;
in Deutschland die Kiefer des Hauptsmoors bei Bamberg.
[* 60] Während junges Kiefernholz wenig Brennkraft und nur sehr geringe Dauer besitzt,
zeichnet sich altes, kerniges, harzreiches bezüglich dieser Eigenschaften vorteilhaft vor derFichte aus, weshalb es oft an
Stelle von Eichenholz, z. B. zu Brückenrosten, Verwendung findet.
Die Kiefer liefert ferner Teer, Terpentinöl, Pech und Kienruß. Die Nadeln dienen zur Bereitung von Bädern, auch gewinnt man aus
ihnen die sog. Waldwolle. Die Kiefer ist forstlich sehr wichtig, nicht bloß ihrer vielseitigen
Nutzbarkeit wegen, sondern namentlich auch deshalb, weil sie zur Aufforstung der schlechtesten Böden dient, z. B. auf
trocknem Sandboden durch keine andere Holzart ersetzt werden kann. Die schönsten, nutzbarsten Kiefernstämme erzieht man
durch Mischung mit andern, schlanken Holzarten, z. B. mit Fichten.
Zahlreiche Käferarten, vorzugsweise die Larve des Maikäfers (Engerling), der große und kleine braune Rüsselkäfer
[* 62] (HylobiusabietisL. und Pissodes notatus Fabr.) u. a.
Rüsselkäfer, viele Borken- und Bastkäfer, besonders der Waldgärtner (HylesinuspiniperdaL. und minor Hrtg.),
TomicusstenographusL.,laricis Fabr., bidens u. a. m.,
sind Feinde der Kiefer, ebenso einige Blattwespen, namentlich die Kiefernblattwespe(Lophyrus piniL.). (Vgl. die Litteratur beim
Artikel Forstinsekten; ferner R. Hartig, Lehrbuch der Baumkrankheiten, 2. Aufl.,
Berl. 1889, und Eckstein, Die und ihre tierischen Schädlinge, Bd.
1: Die Nadeln, ebd. 1893.) Ihre tiefe Bewurzelung macht die Kiefer sturmfester als die Fichte, doch leidet sie mehr vom Schnee-
und Eisbruch als diese.
Die verschiedenen Standortsverhältnisse bedingen verschiedene Formen der gemeinen Kiefer, die früher von Botanikern
und Gärtnern besonders benannt wurden. Als gute europ. Arten der Gattung Pinus sind namentlich zu nennen:Berg-, Zwerg- oder
Krummholzkiefer, auch Latsche, Leg- oder Alpenföhre genannt (PinusmontanaMill.), deren gleichfarbige Nadeln paarweise aus
einer Scheide kommen. Die weiblichen Blüten sind violett oder bläulich, der Nabel der Schuppenschilde von einer
dunkeln Linie begrenzt, grauweiß, die Rinde dunkel.
Sie bildet
zahlreiche Varietäten mit Übergangsformen, wie die meist auf Hochmooren vorkommende Hakenkiefer (PinusuncinataRam. et DC.), deren Zapfen an der Lichtseite sehr stark entwickelte, kapuzenförmig erhabene und nach der Basis zurückgekrümmte
Schuppenschilde haben, die Knieholzkiefer (PinuspumilioHaenke), mit Schuppenschilden von gleicher Höhe
rings um den Zapfen, die Mugokiefer (Pinusmughus Scop.)
u. s. w. Die Lärchen- oder Schwarzkiefer (Pinusnigricans Host.,
nigraLk., maritimaetAit., laricio Poir., austriacaHöss) hat paarweise gleichfarbige Nadeln, gelbe männliche und rote weibliche Blüten, bis 8 cm lange, sitzende, gelbbraune
Zapfen mit fleischfarbenem Nabel, ist verbreitet in Südeuropa und wichtig wegen der Harznutzung (s. d.).
Die Strandkiefer (PinuspinasterSol., maritima Poir.),
der Schwarzkiefer sehr ähnlich, ist als Harzbaum besonders wichtig an den KüstenPortugals, Spaniens und Frankreichs und ein
ausgezeichneter Baum für die Kultur der Sanddünen an den Küsten des Atlantischen Meers.
Die Aleppokiefer (PinushalepensisMill.) mit paarweisen, gleichgefärbten, sehr dünnen, zarten Nadeln
ist heimisch an den Küsten des Mittelmeers.
[* 63] Die Pinie (PinuspineaL.) hat paarweise, hellgrüne Nadeln, eiförmige, 8-15 cm
große Zapfen; deren Nabel ist ohne schwarze Saumlinie, ihr Samen bis 2 cm groß mit nur schmalem, saumartigem Flügel, ihr
Kern eßbar. Sie ist heimiscb an den Küsten des Mittelmeers. Die Zürbel- oder Zirbelkiefer oder Arve (PinuscembraL.). deren Nadeln zu fünf aus einer Scheide kommen, hat einen eßbaren Kern und ist heimisch in den Alpen, wo sie bis in
die Krummholzregion steigt.
Von den zahlreichen exotischen Kiefer ist in Deutschland namentlich heimisch geworden die Weymouthskiefer
(PinusstrobusL.), deren zarte und dünne, bis 10 cm lange, an der konvexen Seite hellgrüne, an der innern, ebenen
Fläche bläulichweiß gestreifte Nadeln zu fünf aus einer Scheide kommen. Sie ist aus Nordamerika
[* 64] seit 1705 in Europa eingeführt,
nicht bloß in Gärten, sondern auch als Waldbaum angepflanzt. Dieser Kiefer sehr ähnlich ist
die deutsches Klima
[* 65] leidlich vertragende Pinusexcelsa Ham. vom Himalaja, indessen
wohl kaum im deutschen Walde des Anbaues würdig und fähig.
Letztere Eigenschaft dürften eher noch drei nordamerik. Arten haben: Die drei Nadeln aus einer Scheide zeigende PinusrigidaMill. (Pechkiefer), die echte PitchPine des Holzhandels, die 1759 nach England eingeführt wurde;
sie
besitzt die keiner andern Kiefer zukommende Eigenschaft, auf den Stock gesetzt wieder auszuschlagen.
Ferner Pinusponderosa Dougl.,
in Kalifornien, überhaupt im Norden Amerikas unter dem NamenYellow Pine bekannt, eingeführt in Europa 1826; sie besitzt drei
lange, dunkelgrüne Nadeln in einer Scheide. EndlichPinusJeffreyiMurray (aus Kalifornien) mit drei schönen
langen blaugrünen Nadeln, vielleicht nur Varietät der ponderosa, eingeführt um 1852. Mit den drei letztgenannten Arten werden
jetzt Anbauversuche in Deutschland gemacht. Terpentin liefernde Kiefer sind auch die Besenkiefer (PinusaustralisMich., Mexiko)
[* 66] und die Weihrauchkiefer (PinustaedaL., Virginien). Aus den angebrannten Stämmen der kaliforn. Zucker-
oder Riesenkiefer (PinusLambertiana Dougl.) schwitzt
das sog. Kalifornia-Manna oder Pinit aus, das die Indianer wie Zucker
[* 67] benutzen. Das Anacuitholz von Pinus¶
mehr
ayacuitte Ehrenbg. (Mexiko) stand im Rufe als Mittel gegen Schwindsucht, ist aber ganz unwirksam.
Friedrich, bad. Politiker, geb. zu Mappach in Baden,
[* 69] studierte 1850-54 zu Heidelberg
[* 70] die Rechte, wurde 1864 Staatsanwalt
am Kreis- und Hofgericht zu Offenburg
[* 71] und, nachdem er 1865 in die bad. Zweite Kammer gewählt worden war, 1867 Ministerialrat
im Justizministerium, nahm aber, als er infolge eines Konflikts der liberalen Partei mit dem Ministerium zur Generaldirektion
der Verkehrsanstalten versetzt wurde, seinen Abschied und ließ sich als Anwalt in Offenburg nieder.
Nach Wiederherstellung der Eintracht zwischen Regierung und der liberalen Partei im Landtage 1869-70 nahm
Kiefer die Stelle eines Oberstaatsanwalts in Mannheim
[* 72] an, wurde 1879 Landgerichtsdirektor in Freiburg
[* 73] i. Br., 1884 Präsident des
Landgerichts in Konstanz
[* 74] und ist seit 1893 in gleicher Eigenschaft in Freiburg.
Dem bad. Landtag gehört
Kiefer ohne Unterbrechung bis heute an. Er trat bald mit Lamey, Eckhard u. a. an die Spitze der nationalliberalen
Partei Badens, deren Führer er noch ist. Er war einer der eifrigsten Kämpfer für die Rechte desStaates gegen die ultramontanen
Ansprüche und wirkte 1866-70 namentlich für VereinigungBadens mit dem Norddeutschen Bunde. Dem DeutschenReichstage gehörte
er 1871-73 und 1877-81 an.